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Prof. Janina Steinert und Ines Böhret veröffentlichen mit indischen Kolleg*innen neuen Artikel in BMJ Global Health zu ökonomischer Gewalt an Frauen in Indien

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Im Oktober 2023 wurde die Studie "´We don't get money in our own hands´: evidence from focus group discussions on economic abuse against women in two states of India" im Journal BMJ Global Health veröffentlicht. Die Studie betont, dass wirksame Maßnahmen zur Bekämpfung von ökonomischer Gewalt gegen Frauen notwendig sind, darunter z. B. Programme, die Frauen ökonomisch stärken (z.B. durch die Eröffnung eines Bankkontos) sowie eine konsequentere strafrechtliche Verfolgung von Gewalt im Zusammenhang mit Hochzeitspraktiken wie der Mitgift.

Einleitung Gewalt gegen Frauen ist eine schwere Menschenrechtsverletzung. Während der Prävalenz und Prävention von körperlicher, sexueller und emotionaler Gewalt viel Aufmerksamkeit geschenkt wurde, ist eine entscheidende Dimension bisher weniger gut erforscht: ökonomische Gewalt gegen Frauen. In diesem Beitrag werden umfangreiche qualitative Daten aus Indien vorgestellt, um das Verständnis von ökonomischer Gewalt gegen Frauen in einem Land des Globalen Südens zu verbessern und um zu bewerten, wie ökonomische Gewalt mit soziokulturellen Faktoren wie Patrilokalität (Wohnsitz bei der Familie / dem Vater des Ehemannes), patriarchalen Geschlechternormen sowie Stigmatisierung der Erwerbstätigkeit von Frauen zusammenhängt.

Methoden Es wurden 13 Fokusgruppendiskussionen in den Bundesstaaten Maharashtra und Rajasthan in Indien durchgeführt. Die Fokusgruppendiskussionen wurden mit verheirateten berufstätigen und nicht berufstätigen Frauen, Ehemännern und Schwiegermüttern durchgeführt. Die Gespräche wurden aufgezeichnet, wortwörtlich transkribiert und ins Englische übersetzt. Die Transkripte wurden thematisch kodiert, und die sich ergebenden Themen wurden von allen Autor*innen diskutiert und eingeordnet.

Ergebnisse Frauen litten unter vier verschiedenen Formen von ökonomischer Gewalt. Wirtschaftliche Kontrolle war die am weitesten verbreitete Form, welches die systematische Ausgrenzung von Frauen von finanziellen Entscheidungen im Haushalt beschreibt. In den Diskussionen wurde auch die Sabotage weiblicher Arbeitsmarktbeteiligung angesprochen, welche Ehemänner häufig damit begründeten, dass ihre Ehefrauen häusliche Pflichten nicht vernachlässigen sollen. Eine dritte Kategorie war die wirtschaftliche Ausbeutung von Frauen, die sich darin äußerte, dass sich Ehemänner das Gehalt ihrer Ehefrauen aneigneten, Schulden im Namen ihrer Frau aufnahmen und die Hochzeitsgeschenke ihrer Frau für eigene Zwecke verwendeten. Eine letzte Kategorie war die Weigerung der Ehemänner, sich finanziell an notwendigen Haushaltsausgaben zu beteiligen, was Investitionen in die Ausbildung der Kinder und einen angemessenen Umgang mit gesundheitlichen Notfällen verhinderte. Es wurden auch wichtige Zusammenhänge zwischen ökonomischer und  anderen Formen von Partnerschaftsgewalt identifiziert.

Schlussfolgerung Die Studie betont, dass wirksame Maßnahmen zur Bekämpfung von ökonomischer Gewalt gegen Frauen notwendig sind, darunter z. B. Programme, die Frauen ökonomisch stärken (z.B. durch die Eröffnung eines Bankkontos) sowie eine konsequentere strafrechtliche Verfolgung von Gewalt im Zusammenhang mit Hochzeitspraktiken wie der Mitgift.

Der gesamte Artikel ist als Open-Access-Publikation zum Lesen und Downloaden auf der Webseite des Verlages verfügbar. Er wurde unter der Creative-Commons-Lizenz CC-BY-NC 4.0 veröffentlicht.

Die wissenschaftliche Studie erhielt Mittel der SEED-Förderung der Technischen Universität München und der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG).