Der digitale Raum gewinnt in unserem Alltag zunehmend an Bedeutung. Gleichzeitig dominieren wenige mächtige Unternehmen, sogenannte digital Gatekeepers, diesen zentralen Markt, während neue Akteure dort nur schwer Fuß fassen. Zur Stärkung des Wettbewerbs erlassen Gesetzgeber daher Vorschriften. Doch im schnelllebigen digitalen Markt können solche Vorschriften schnell ungewünschte Effekte verursachen.
Um ungewollte Nebeneffekte, wie etwa Preiserhöhungen für Nutzer*innen zu vermeiden, schlagen Nora von Ingersleben-Seip (HfP und University of Amsterdam) und Zlatina Georgieva (Utrecht University, zuvor am Lehrstuhl für Internationale Beziehungen an der HfP) ein zweistufiges Prüfverfahren vor. Die Basis dafür sind sogenannte kontrafaktische Szenarien, also Denkmodelle, die alternative Verläufe von Ereignissen untersuchen und seit jeher in der Geschichtswissenschaft und Philosophie zum Einsatz kommen. Unter Verwendung dieser Technik würden die Wettbewerbsbehörden im ersten Schritt analysieren, wie der Markt aussehen würde, wenn die problematischen Handlungen der Gatekeeper nicht stattgefunden hätten. Im zweiten Schritt würden sie gezielte Maßnahmen (Abhilfen) entwickeln, um Marktverzerrungen zu mildern.
Im Falle von Data-Sharing bei den großen digitalen Playern gelte es, Auswirkungen auf den dynamischen digitalen Markt genau zu analysieren. „Beim Erlassen von Gesetzen zum Regulieren des digitalen Marktes geht es nicht um ein ‚zu streng‘ oder ‚zu locker‘. Die Frage ist vielmehr: Erzielen wir – auch auf lange Sicht und im Hinblick auf die Schnelllebigkeit digitaler Innovationen – die gewünschten Effekte?“, so Nora von Ingersleben-Seip, Autorin der Studie.
Das anhand des Beispiels der digital Gatekeepers entwickelte Prüfverfahren dient als Strategie, um staatliche Marktregulierung insbesondere im dynamischen digitalen Markt wirkungsvoll und nachhaltig zu gestalten sowie Wettbewerb und Innovation in der digitalen Wirtschaft zu erhalten und zu fördern.
Zum wissenschaftlichen Artikel: https://academic.oup.com/antitrust/advance-article/doi/10.1093/jaenfo/jnae042/7731445?searchresult=1