In Autokratien gilt die Wirtschaftsleistung als Schlüsselfaktor für die Regimestabilität. Dennoch sind die Auswirkungen der wirtschaftlichen Globalisierung auf die Unterstützung dieser Herrschaftsform ein noch unzureichend erforschtes Thema. Eine weitverbreitete Annahme ist, dass die Globalisierung etwa die Stabilität autokratischer Regime untergrabe. Angesichts der immer weiter fortschreitenden Globalisierung bei gleichzeitiger Zunahme autokratischer Regierungsformen erscheint diese Hypothese jedoch fraglich.
Dr. Tobias Rommel (Lehrstuhl für Internationale Beziehungen) untersucht in seiner neuesten Forschungsarbeit Umfragedaten von 20 afrikanischen und 14 weiteren Autokratien, darunter Länder in Südamerika, dem Nahen Osten und Asien. Vor dem Hintergrund des erheblichen Bedeutungszuwachses von ausländischen Direktinvestitionen (FDI) analysiert die Studie, welchen Einfluss diese auf politische Präferenzen in Autokratien haben.
Die Forschungsarbeit berücksichtigt, dass FDI zwar insgesamt zu wirtschaftlichen Gewinnen für ein Land führen können, ökonomische Vor- und Nachteile aber zumeist ungleichmäßig auf die Menschen verteilt sind. So profitieren etwa hochqualifizierte Arbeitnehmende in der Regel von ausländischen Direktinvestitionen, indem sich ihnen höhere Löhne und Beschäftigungsmöglichkeiten bei multinationalen Unternehmen eröffnen. Weniger qualifizierte Arbeitnehmende sind dagegen häufig mit wirtschaftlicher Unsicherheit und Arbeitsplatzverlusten konfrontiert, da der internationale Wettbewerb zunimmt und Ressourcen zugunsten produktiverer Unternehmen umverteilt werden.
Neben unterschiedlichen wirtschaftlichen Auswirkungen durch FDI, zeigt die Studie darüber hinaus aber auch einen signifikanten Einfluss von FDI auf die Unterstützung von autoritären Regimen auf. „Die wirtschaftliche Lage von Personen spiegelt sich in deren politischen Präferenzen wider“, so Rommel. „Wir sehen etwa, dass sich die wirtschaftliche Lage von hochqualifizierten Arbeitskräften durch FDI verbessert. Dadurch steigt ihr Vertrauen in die Regierung und sie tendieren dazu, ihr Land auch eher als demokratisch einzustufen, obwohl die befragten Personen ganz objektiv gesehen in einer Diktatur leben.“ Unter den Geringqualifizierten nähmen dagegen wirtschaftliche Probleme eher zu und sie verlieren zunehmend Vertrauen in die bestehenden autokratischen politischen Institutionen.
Zum wissenschaftlichen Artikel in der Zeitschrift Comparative Political Studies:
https://journals.sagepub.com/doi/full/10.1177/00104140231194058